Unverfügbarkeit und Resonanz

Dr. Christian Hartl

Unverfügbarkeit und Resonanz

Unverfügbarkeit und Resonanz 2349 2560 Dr. Christian Hartl

I.
Erntedank kann man riechen! Ich schließe die Augen und öffne leise die Türe unserer Kirche. Es ist nicht der Duft von Weihrauch, der mir heute entgegenkommt. Es ist vielmehr der Geruch von Brot, die Süße von Obst, die würzige Mischung von Gemüse.
Ich betrete den Kirchenraum und mache die Augen auf: Vor dem Altar breitet sich eine wahre Farbsymphonie aus: In der Mitte ein großer, tiefbraun gebackener Laib Brot.
Darauf ist in groben Buchstaben die Vaterunser-Bitte zu lesen: „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Rechts und links Büschel von goldgelben Weizenähren. Rechts daneben ein rotgelber Kürbis, darunter ein grüner Krautkopf, ein Blumenkohl, Gelbe
Rüben, Kartoffeln, Zwiebeln, Maiskolben. Auf der linken Seite grüne und rote Weintrauben, ein Korb mit rot leuchtenden Äpfeln und grüngelben Birnen, eine große Schale mit Feigen, ein Glas Honig… Nein, ich kann es gar nicht alles auf einmal erfassen und aufzählen. So überbordend ist, was da von fleißigen und geschickten Händen ausgebreitet und kunstvoll drapiert wurde. Bunte Blumen rahmen die Pracht der vielen Erntegaben ein.

Erntedank 2024. Auch in diesem Jahr gibt es so unendlich viel zu bestaunen, was Mutter Erde hervorgebracht hat. Viele sprachen von einem Obstjahr, weil sich die Äste der Obstbäume unter der Last der Früchte so sehr gebogen hatten, dass man sie
manchmal geradezu stützen musste. Mir kommt ein Lied in den Sinn, das wir als Kinder am Erntedank-Sonntag zu den brausenden Orgelklängen gesungen haben:
„Erde singe, dass es klinge, laut und stark dein Jubellied“. Dankbar für die Ernte dieses Jahres beginne ich es leise zu summen.

Erntedank 2024. Die Vielfalt der Erntegaben ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit.
Oder ist sie vielleicht bei genauerem Hinsehen auch nicht in allen Sparten so reichhaltig, wie in manchem Vorjahr?

Denn da war auch anderes, Sorgenvolleres in diesem Erntejahr, was zwar nicht vor dem Erntealtar abgebildet ist, was aber nicht
verschwiegen werden sollte.
„Extremwetter macht Bayerns Bauern zu schaffen“, so stand es in einer Mitteilung des Agrarministeriums Anfang Juli zu lesen. Schon die wechselhafte Frühjahrswitterung hatte den Landwirten Probleme bereitet. Denn die Zeitfenster für Feldarbeiten waren zu kurz. Und der Boden war oft so feucht, dass man ihn mit Maschinen kaum befahren konnte.

Dann kamen der Starkregen und schlimme Hochwasser Anfang Juni. Regional sind immense Schäden entstanden. Riesige
Flächen Grünland, Getreide, Mais oder Kartoffeln standen tagelang unter Wasser. Mancherorts war die gesamte Ernte vernichtet. Andernorts litt die Korn-Qualität. Der Pilzbefall war in diesem Jahr außergewöhnlich hoch. Wegen des weiter anhaltenden
Regens mussten Ernteeinsätze immer wieder unterbrochen werden. Dann aber wurde es warm. Die Stechmücken in der Luft und die Schnecken am Boden hatten ihre Freude an der hohen Luftfeuchtigkeit und nervten Kleingärtner und Nachtschwärmer.

Schließlich wurde es heiß. Erbarmungslos brannte mit einem Mal die Sonne vom wolkenlosen Himmel herunter. Menschen haben gestöhnt ob der Hitze und älteren Menschen wurde dringend geraten, untertags nicht mehr ins Freie zu gehen. In südlicheren Nachbarländern kletterten die Temperaturwerte in extreme Höhen. Bilder von Waldbränden machten uns Angst und verwüsteten vor Ort zahlreiche Existenzen.
Dieser Sommer, so sagen die Meteorlogen, sei global der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen.

Nein, wir haben es nicht im Griff, das Wetter. Das war schon immer so. Aber angesichts der Zunahme von erlittenen und nachweisbaren Wetterextremen wird es uns immer noch deutlicher bewusst. Feiern wir angesichts dieser Wetterextreme
Erntedank mit größerer Nachdenklichkeit als bisher? Ich meine, das wäre nicht schlecht. Denn die Ernte eines Jahres ist für mich ein Geschenk, so wie unser Leben insgesamt. Dafür sollten wir sensibel bleiben und danken.

Aber wir haben auch eine große Verantwortung für das Leben und für die Schöpfung und ihre Gaben. Auch daran könnten wir denken. Danken und denken, die beiden Verben unterscheiden sich nur durch einen Vokal. Aber auch inhaltlich gehören sie
zusammen wie ein Geschwisterpaar.

II.
Das Leben ist ein Geschenk. Jedes Leben und jeder Tag. Auch die Ernte eines Jahres ist Geschenk, unverfügbar, im Letzten nicht machbar.
Von der „Unverfügbarkeit“ des Lebens schreibt ein Autor, dessen Bücher ich schon seit Jahren mit großem Gewinn lese. Er ist Professor für Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Sein Name ist Hartmut Rosa. Als Analytiker und Wissenschaftler blickt Hartmut Rosa auf unsere Welt und urteilt kritisch:
„Indem wir Spätmodernen (…) individuell, kulturell, institutionell und strukturell auf die Verfügbarmachung von Welt zielen, begegnet uns die Welt stets als „Aggressionspunkt“ oder als Serie von Aggressionspunkten, das heißt von Objekten, die es zu wissen, zu erreichen, zu erobern, zu beherrschen oder zu nutzen gilt, und genau dadurch scheint sich das „Leben“, das, was die Erfahrung von Lebendigkeit und Begegnung ausmacht – das was Resonanz ermöglicht -, zu entziehen, was wiederum zu Angst, Frust, Wut, ja Verzweiflung führt, die sich dann unter anderem in ohnmächtigem politischen Aggressionsverhalten niederschlagen.“

Starke Worte! Und dichte Gedanken! Nochmal der Reihe nach. Wir Menschen erliegen leicht und häufig einem seltsamen Machbarkeitswahn. Schon 1957 hatte Max Frisch in seinem Roman Homo faber den Menschen als Macher charakterisiert und
nachdenklich hinterfragt. Meinen wir nicht oft, alles selbst machen zu können oder zu müssen? Ist es nicht unser großes Ansinnen, alles im Griff zu behalten? Zumindest tun wir so, als ob dies möglich wäre. Als ob alles Leben für uns verfügbar und
handhabbar wäre. Dieser Machbarkeitswahn aber bringt uns unter Druck, macht uns aggressiv. Deshalb behauptet Hartmut Rosa, die Welt würde uns als Aggressionspunkt begegnen. Denn tagtäglich gibt es so viel, was wir wissen sollten, erreichen müssten, beherrschen und doch zumindest noch besser nutzen könnten.

Mein Gott, ist das anstrengend!

Hartmut Rosa sagt, wir hätten uns diesem Optimierungsdruck in mindestens drei Bereichen unterworfen:

Da ist erstens ein ökonomisches Immer-Mehr. Ist doch unsere gesamte Wirtschaft auf Wachstum ausgerichtet.
Da ist zweitens ein technisches Immer-Schneller. Denken wir allein an den Bereich der digitalen Kommunikation.
Und da ist drittens ein kulturelles Immer-Innovativer. Spontan denke ich an die vielen Werbe-Empfehlungen, die mir vorgaukeln, was ich alles noch bräuchte, um meinen Lebensstil noch mehr zu kultivieren.

Grundursächlich hierfür sei freilich nach Hartmut Rosa nicht die Gier nach mehr, sondern die Angst vor dem Immer-weniger. „Es ist nie genug, nicht, weil wir unersättlich sind, sondern weil wir immer und überall wie auf Rolltreppen nach unten stehen: Wann und wo immer wir anhalten oder innehalten, verlieren wir an Grund gegenüber einer hochdynamischen Umwelt, mit der
wir überall in Konkurrenz stehen.“

Es ist nie genug. Deshalb müssen wir unsere Zugriffsmöglichkeiten auf Leben und Welt weiter ausbauen, so meinen wir. Das Problem bei alledem: Im Modus der Verfügbarkeit werden wir dem Leben nicht gerecht. Die Welt weicht zurück, wir
verlieren den Dialog mit ihr.

„Die wissenschaftlich und technisch, ökonomisch und politisch verfügbar gemachte Welt scheint sich uns auf geheimnisvolle Weise zu entziehen und zu versperren, sie zieht sich zurück und wird unlesbar und stumm, und mehr noch: Sie erweist sich als bedroht und bedrohlich gleichermaßen und damit als letztlich (…) unverfügbar.“

Sehr konkret wurden für mich diese Überlegungen in drei Bereichen. Da war die Corona-Pandemie. Ein unsichtbares Virus hebelte die ganze Welt aus den Angeln. Keiner konnte es mit bloßen Augen sehen, manche wollten es denn auch leugnen.
Aber es war da und wirkte sich aus, für viele unheilvoll, für manche gar tödlich. Und wenngleich es harmloser geworden ist, in den Griff bekommen haben wir das Virus bis heute nicht.

Dann denke ich an die Umweltkrise. Wir können zum Himmel blicken und uns ein Ende des Regens wünschen oder aber ein Nachlassen der Hitze, aber wir können weder den Regen abdrehen wie unsere Dusche noch die Hitze regulieren wie unsere
Heizung. Klimatische Phänomene entziehen sich unserem Zugriff. Auch das ist eine Erfahrung von Unverfügbarkeit.

Schließlich ist da die Friedensproblematik. Hatten wir nicht lange gedacht, kriegerische Konflikte, zumindest in Europa, könnten wir durch wirtschaftliche Verflechtungen vermeiden? Denn wenn die Abhängigkeit voneinander groß sei, dann könnte einer nicht mehr ohne den anderen sein. So dachten wir.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine lehrt uns andere Botschaften und offenbart unsere große eigene Ohnmacht.
Diese drei Erfahrungen ließen sich nun durch viele weitere, vor allem auch aus unseren persönlichen Lebensbereichen, ergänzen. Denn die Unverfügbarkeit menschlichen Daseins begegnet uns in unterschiedlichsten Facetten.

Wir meinen, alles in den Griff bekommen zu können und vermögen es doch nicht. Was dann aber tun? Gegen die Entfremdung der Welt setzt Hartmut Rosa auf eine Haltung, die er mit dem Wort „Resonanz“ benennt. Er sagt, wir sollten „aufhören“. Aufhören im doppelten Sinn: Schluss machen mit diesem gnadenlosen Verfügbarkeitswahn und Optimierungsdruck und neu hinhören auf das Wunder des Lebendigen.

Im Fremdwort Resonanz ist ja der sonus enthalten, der Ton, der Klang, der Hall oder wie auch immer wir das lateinische Wort zu übersetzen suchen. Es gilt also erst einmal still zu werden, zu hören, etwas nachklingen zu lassen. Dann sich ansprechen und innerlich berühren lassen.
Dann erst eine erste vorsichtige Antwort suchen. Dieses Aufhorchen und Sich-um-Resonanzen-Mühen verwandle den Menschen – so Hartmut Rosa – und helfe, dem Leben besser zu begegnen. Ich möchte sagen: adäquater, staunender und dankbarer
dem Leben begegnen.

III.
Am Erntedanksonntag können diejenigen, die unsere Gottesdienste vorbereiten, zwischen verschiedenen Lesungstexten auswählen. Mir persönlich gefällt folgender Abschnitt aus dem Alten Testament besonders gut:

Mose sprach zum Volk; er sagte: Wenn der HERR, dein Gott, dich in ein prächtiges Land führt, ein Land mit Bächen, Quellen und Grundwasser, das im Tal und am Berg hervorquillt, ein Land mit Weizen und Gerste, mit Weinstock, Feigenbaum und Granatbaum, ein Land mit Ölbaum und Honig, ein Land, in dem du nicht armselig dein Brot essen musst, in dem es dir an nichts fehlt, ein Land, dessen Steine aus Eisen sind, aus dessen Bergen du Erz gewinnst; wenn du dort isst und satt wirst und den
HERRN, deinen Gott, für das prächtige Land, das er dir gegeben hat, preist, dann nimm dich in Acht und vergiss den HERRN, deinen Gott, nicht (…). Und wenn du gegessen hast und satt geworden bist und prächtige Häuser gebaut hast und sie bewohnst, wenn deine Rinder, Schafe und Ziegen sich vermehren und Silber und Gold sich bei dir häuft und dein gesamter Besitz sich vermehrt, dann nimm dich in Acht, dass dein Herz nicht hochmütig wird und du den HERRN, deinen Gott, nicht vergisst, der dich aus Ägypten, dem Sklavenhaus, geführt hat (…). Dann nimm dich in Acht und denk nicht bei dir: Ich habe mir diesen Reichtum aus eigener Kraft und mit eigener Hand erworben. Gedenke vielmehr des HERRN, deines Gottes: Er ist es, der dir die Kraft gibt, Reichtum zu erwerben, weil er seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hatte, so verwirklichen will, wie er es heute tut. (Dtn 8,7-18)

Lassen wir diesen schönen Text mit seinen starken Bildern vom Reichtum des Lebens kurz in uns nachklingen…
Das biblische Denken geht davon aus, dass alles Leben aus Gott hervorgegangen ist.
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, mit diesen programmatischen Worten beginnt das erste der biblischen Bücher, Genesis genannt. Gott ist der Schöpfer, Erde und Mensch sind seine Geschöpfe. Gott und Mensch stehen sich liebevoll gegenüber.
Gott beschenkt den Menschen unaufhörlich mit allem, was sein Leben erhält. Und der Mensch antwortet mit Lob und Dank. Diese Erfahrung des Beschenkt-Seins und die daraus resultierende Dankbarkeit aber verwandeln den Menschen: Sein Herz wird
weit, seine Achtsamkeit nimmt zu. Er erkennt seine menschliche Würde darin, Geschöpf Gottes und sein liebevolles Gegenüber zu sein. Zugleich wird er bescheidener, hellhöriger und bemühter, seine Verantwortung in der Welt wahrzunehmen.

IV.
Der Soziologe Hartmut Rosa ist übrigens davon überzeugt, dass Religion einen wesentlichen Beitrag zur Resonanzfähigkeit leistet. Denn unsere Gesellschaft brauche die Rückbesinnung auf die Anrufbarkeit und die Selbstwirksamkeit – vielleicht könnten
wir auch sagen: die Verantwortlichkeit – des Menschen.

Unsere Gesellschaft brauche ein „Sich-nackt-Machen“ und ein „Sich-Berühren-Lassen“, wofür Religion Räume öffne. Vor allem aber verfüge Religion über Elemente, die uns daran erinnern, „dass eine andere Weltbeziehung als die steigerungsorientierte, auf Verfügbarmachung zielende möglich ist“.

So aber kommen wir zurück auf das Erntedankfest 2024. Alles Wesentliche im Leben ist unverfügbar. Die Erntegaben spiegeln das wider. Wichtig ist, was unsere Landwirte leisten, alle, die Korn, Obst und Gemüse weiterverarbeiten, überhaupt alle, die in der Nahrungsmittelindustrie (welch schreckliches Wort!) tätig sind.
Noch wichtiger aber ist, dass wir uns anrühren lassen von allem, was geschenkhaft und unverfügbar bleibt.

Folgende Geschichte für Kinder habe ich in einem Pfarrbrief zum Erntedankfest gelesen:
Als Paul in der Bäckerei ein Brot kaufte, sagte er zur Verkäuferin: „Danke für das Brot.“ Die Verkäuferin antwortete: „Danke nicht mir. Ich habe das Brot nur aufbewahrt, bis du es gekauft hast. Du musst dem danken, der mir das Brot gebracht hat.“

Darum sagte Paul „Danke“ zum Fahrer der Bäckerei. Der Fahrer sprach: „Danke nicht mir. Ich habe das Brot nur in meinem Wagen hierhergebracht. Du musst der Bäckerin danken, die das Brot gebacken hat.“

Darum sagte Paul „Danke“ zur Bäckerin. Aber die Bäckerin entgegnete ihm: „Danke nicht mir. Ich habe nur das Brot aus Mehl gebacken. Du musst dem danken, der mir das Mehl gegeben hat.“

Darum sagte Paul „Danke“ zum Müller. Der Müller sagte: „Danke nicht mir. Ich habe nur das Mehl aus den Weizenkörnern gemahlen. Du musst dem danken, der mir das Korn gegeben hat.“

Darum sagte Paul „Danke“ zum Bauern. Der Bauer antwortete: „Danke nicht mir. Ich habe das Korn nur gesät und geerntet. Du musst denen danken, aus denen das Korn gewachsen ist.“

Darum sagte Paul „Danke“ zu der Erde, dem Regen und der Sonne. Und sie sagten: „Danke nicht uns. Du musst dem danken, der uns gemacht hat.“

Darum sagte Paul „Danke“ zu Gott. Und Paul betete: „Danke, Gott für die Erde, den Regen und die Sonne und für den Samen, der wächst, und für den Bauern. Danke für den Müller und die Bäckerin. Danke, Gott, für den Fahrer und die Verkäuferin. Danke, Gott, für das Brot.“
(Evangelische Kirchengemeinde Gerstetten)

Erntedank 2024 kann dazu einladen, eine Litanei der Dankbarkeit zu beten. Viele kennen von Wallfahrten und Bittgängen die „Fürbitt-Litaneien“. Nach jedem Anliegen betet man: „Wir bitten dich, erhöre uns“. Vielleicht tut es im Blick auf die Vielfalt der
diesjährigen Ernte und der ungezählten Nahrungsmittel, die uns geschenkt sind, auch einmal gut, eine Danklitanei zu beten: Guter Gott, ich danke dir für die Fruchtbarkeit unserer Erde. Ich danke dir für jedes Samenkorn. Ich danke dir für die vielen
Getreidesorten, die bei uns wachsen. Ich danke dir für die große Auswahl an Brotsorten in unserer Bäckerei. Ja, und ich danke dir auch für alle, die ihren Beitrag geleistet haben, dass ich gestern einen Laib Brot kaufen konnte.
Ich erinnere mich auch an das Obstsortiment bei meinem Einkauf und an die Auswahl beim Gemüse. Auch dafür danke ich…

Sie werden merken: Man kommt da an kein Ende, wenn man Gott als Ursprung und Schöpfer all dieser guten Gaben wahrnehmen will.
Und noch etwas werden wir wahrnehmen: Dass eine solche Danklitanei unsere Grundhaltung den Lebensmitteln gegenüber – mehr noch: dem Leben gegenüber – ändert. Es wächst eine Haltung der Achtsamkeit und der Resonanz, wie sie uns zuvor empfohlen wurde.

Wir antworten auf die Unverfügbarkeit des Lebens und werden unseres Lebens froh, weil wir uns doch reich beschenkt wissen.
Vielleicht wollen wir am Erntedankfest dann auch in einem übertragenen Sinn an die bisherige Ernte unseres Lebens denken. Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie, hat das sog. Scheunengleichnis geprägt. Er sagt, mit unserer Lebensleistung würden wir über viele Jahre die Scheunen unseres Lebens füllen. Je älter wir werden, desto staunender dürften wir auf das blicken, was alles geworden ist.

Vielleicht zeigt ja auch die Rückschau auf unser bisheriges Leben, dass die kostbarsten Facetten unverfügbar waren, eine Gabe, ein Geschenk: So zum Beispiel ein lieber Mensch, eine glückliche Fügung, ein unverdientes Erlebnis. Wer weiß.

V.
Mit den Worten von Psalm 8 und mit eigenen Worten will ich abschließend beten:
Gott, unser Herrscher, wie herrlich, dass wir in deinen Händen wissen Himmel und Erde. (…) Wenn wir den Himmel sehen, das Werk deiner Finger, den Mond und die Sterne, die du gestaltet hast – was sind wir Menschen, dass du unser gedenkst, was
sind unsere Kinder, dass du sie liebhast? (…) Mit Schönheit und Adel hast du uns gekrönt. Du gabst uns den Auftrag, Hüter zu sein über all deine Werke. Alles legtest du uns zu Füßen…
Gott, unser Herrscher, danke für die Ernte dieses Jahres! Und danke, für alles, was uns Tag für Tag Geschenk ist. Bewahre in uns die Ehrfurcht und den Respekt vor der Unverfügbarkeit des Lebens und schenke uns täglich neu deinen Segen! Amen.

Dr. Christian Hartl, Leitershofen

Hinweis:
Dieser Text wurde in der kath. Morgenfeier auf BR1 gesendet.

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