„Geht in euren Tag hinaus ohne vorgefasste Ideen, (…) ohne Plan von Gott, ohne Bescheidwissen über ihn, (…) ohne Bibliothek – geht so auf die Begegnung mit ihm zu.“ Es ist schon Jahre her, dass ich über diese Textzeile meiner „Lieblingsheiligen“ Madeleine Delbrêl gestolpert bin. Seither begleitet mich dieser Text. Das Büchlein, in dem er steht, ist schon abgegriffen und blättert sich fast von allein genau an der Stelle auf. Anscheinend bin ich noch nicht fertig damit.
Wir sind noch im Dialog sozusagen. In Resonanz.
Am Anfang löste er heftigen Widerspruch in mir aus. Ohne Bibliothek. Ohne Bescheidwissen. An anderer Stelle im Text heißt es „Versucht nicht, ihn nach Originalrezepten zu finden“.
Mein Tun – auch in der Suche nach Gott – ist geprägt von Büchern, von Mehr-Bescheid-wissen-wollen. Und ein ständiger (wie mir manchmal scheint immer wieder erfolgloser) Übungsweg in Sachen Offenheit für das, was mir begegnen will. Die Versuchung ihn „nach Originalrezepten“ finden zu wollen ist groß in der pastoralen Arbeit…
Dick markiert in meinem Büchlein sind die Textteile: „Brecht auf“ und „lasst euch von ihm finden“. Nicht nur das Bild des Weges taucht vor meinem inneren Auge auf, sondern auch das Aufbrechen einer glatten Oberfläche: verwundet sein und verwundbar sein, was gleichbedeutend ist für berührbar sein.
Lasst euch von ihm finden.
Ohne Bescheidwissen. Tag für Tag.
Karin Gröger
Gemeindereferentin in Kaufbeuren
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Bild oben: Radierung von Angelika Schweiger