Tiefe Wurzeln

Ralf Gössl

Tiefe Wurzeln

Tiefe Wurzeln 600 660 Ralf Gössl
Messgewand mit Weinstock-Motiv

Messgewand mit Weinstock-Motiv, 1993 gestickt von Sr Hermana in Hohenwart

Der Weinstock ist ja ein sehr mystisches und lebendiges Bild. Der Gedanke „Lasst euch von mir durchströmen“ und der Gedanke „den Geist einströmen, einflößen lassen“ gefallen mir sehr gut. Mir war dieses Bild des Weinstocks so wichtig, dass ich damals von Sr. Hermana in Hohenwart einen von unten nach oben wachsenden stilisierten Weinstock auf mein Primizmessgewand habe sticken lassen.

Die „Ruminatio“ ist mir schon lange vertraut, weil ich so auch mit Bibeltexten umgehe und sie mir „einverleibe“, sie „in Fleisch und Blut“ übergehen lassen möchte, wie man so schön sagt. Auch die englische Sprache ist da eine Hilfe „by heart“ heißt doch „auswendig lernen“ – also etwas ganz ins Herz gehen lassen. Das ist letztlich ein lebenslanger Prozess. Auch zum Ruhegebet, das ich nun schon seit 15 Jahren täglich bete, gehört diese Wiederholung des Gebetswortes, des Namens.

Die Freude am Herrn von innen her verkosten

„Heute bist Du aber wieder ziemlich zerpflückt“ – so höre ich es manchmal von einem Menschen, der mich sehr gut kennt. Nach außen hin wirke ich dann immer noch ziemlich ruhig. Aber innerlich bin ich „zerpflückt“. Das kommt immer dann vor, wenn mich Termine hin und her reißen; gegensätzliche Erwartungen auf mich zukommen; ich Dinge tun muss, die mir absolut nicht liegen und wenn ich mich noch dazu selber unter Druck setze. Wenn ich „zerpflückt“ bin, dann ist es gut, mich zu sammeln und die innere Mitte zu finden, die für mich eine Quelle der Ruhe ist. Dabei ist es wichtig, dass ich das nicht aus eigener Anstrengung und nur als Reaktion auf innere Unruhe tue. Vielmehr soll es eine tägliche Grundhaltung in meinem Leben sein, dass ich mich finden und sammeln lasse von meinem Herrn.

Auf meinem geistlichen Weg wurde mir Ignatius von Loyola (1491-1556) zu einem wichtigen Weggefährten. Er schreibt in seinem Exerzitienbuch: „Nicht das Vielwissen sättigt die Seele, sondern das Verkosten der Dinge von innen her“. Das bedeutet für mich, dass Zeiten des Gebetes nicht zu einer zusätzlichen Ableistung von religiösen Pflichten werden dürfen. Zeiten des Betens sollen mir helfen, die Freude am Herrn von innen her zu verkosten. Eine Form des Betens, die auf die frühe Zeit des Christentums zurückgeht, hat uns Johannes Cassian (360-435) überliefert. Es ist ein Gebet in absoluter Einfachheit und Ruhe. Ich bin für das Geschenk des Ruhegebetes so dankbar. Dabei muss ich nichts tun und darf mich einfach in die Gegenwart Jesu hinein los-lassen. Die Anrufung seines Namens führt mich dann in eine wohltuende innere Ruhe und Tiefe.

Seit vielen Jahren bete ich das Ruhegebet täglich am Morgen und am Abend. Manchmal muss ich auch darum ringen und mit den Gedanken, Gefühlen und Sorgen umgehen, die dabei in mir hochkommen. Immer wieder aber darf ich Momente inneren Friedens und tiefer Freude erleben. Diese Freude am Herrn möchte ich auch den Menschen, die mir anvertraut sind, in den unterschiedlichsten Lebenserfahrungen verkünden. Dabei schenkt mir die Verbundenheit mit Jesus Kraft für den Alltag und sammelt mich wieder ein, wenn ich „zerpflückt“ bin.

In den letzten Jahren durfte ich oft wahrnehmen, dass diese einfache und schlichte Form des Betens für immer mehr Menschen zu einer großen Hilfe wird. Auf folgender Homepage sind weitere Informationen zum Thema „Ruhegebet“ zu finden:  https://ruhegebet.de/

Ralf Gössl
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