Philosophische Gedanken
Hartmut Rosas Konzeption von Welt ist dialogisch. Was er mit Resonanzerfahrung beschreibt erinnert mich an Hegels Dialektik. Es geht im Letzten um die Vermittlung zwischen Subjekt und Objekt. In seiner Religionsphilosophie verwendet Hegel für diesen Vorgang auch die Begriffe „Aufhebung“, „Liebe“ und „Versöhnung“.
„Die Grundgestalt besteht immer darin, dass zwei sich entgegenstehende (Subjekt und Objekt) miteinander vermittelt und schließlich in einem inhaltsreicheren Höheren Resultat aufgehoben werden.“ (Zitat aus meiner Diplomarbeit „Versöhnung“ in Hegels Berliner Vorlesungen über die Philosophie der Religion von 2001, am Institut für Philosophie Prof. S. Müller, Augsburg)
Religionsphilosophische Gedanken
Auch die religionsphilosophische Konzeption Martin Bubers kam mir im Resonanzbegriff von Hartmut Rosa in den Sinn: „Du sagend- werde ich“ (ein Wort, das für mein Verhältnis zum menschlichen, aber v. a. zum absoluten göttlichen Du gilt).
Spirituelle Gedanken
Hartmut Rosa erklärt, dass der Begriff der „Unverfügbarkeit“ ursprünglich in der Theologie auftaucht. Gott ist im Sinne einer negativen Theologie unverfügbar. Rosa entfaltet dann den Gedanken, dass Beten „ein gleichsam hörendes, auf-hörendes Aufeinanderbezogensein, das verwandelnde Kraft hat…“, sein könnte (S. 67)
Im von den Wüstenvätern überlieferten Ruhegebet, das ich seit vielen Jahren übe, geht es zunächst einmal, wie bei jedem mysthischen Gebetsweg, um Reinigung. Jeden Tag nehme ich viele Eindrücke auf, die sich wieder ausdrücken müssen. Loslassen…Alles, was nicht zu mir gehört, soll mich verlassen… Gedanken,…Gefühle,…Bilder,…Gottesvorstellungen. Ziel dieses Gebetes ist ein gedankenloses Verweilen in der Gegenwart des unverfügbaren Gottes.
Das Üben des Ruhegebets ermöglicht es mir, offen zu werden für mögliche Resonanzerfahrungen (Welt, Mitmensch, Gott)
Soziologische Gedanken
Ich denke, dass Hartmut Rosa Recht hat. Die Sehnsucht nach Resonanzerfahrungen bestimmt unser Verhalten gegenüber der Welt. Viel zu wenig machen wir uns bewusst, dass es um Resonzanzpunkte, nicht um Agressionspunkte gehen sollte, in denen wir die Welt berühren. Überlegenswert für die eigene Lebensführung erscheint auch der Gedanke, dass die totale Verfügbarmachung von Welt, die mit aller Kraft und in allen Lebensbereichen betrieben wird, zum genauen Gegenteil führt.
Ob der viele Frust in der Gesellschaft (Wutbürger) – bis hin zur Demokratiemüdigkeit – tatsächlich daraus resultiert, dass so viele Versprechen von Resonanz nicht eingelöst werden können, das weiß ich nicht. Als Theologe bin ich eher davon überzeugt, dass hinter dieser Sehnsucht nach unerfüllter Resonanz die eigentliche Sehnsucht des Menschen nach der Begegnung mit dem unbegreiflichen Gott aufscheint.
Wer, wie viele unserer Zeitgenossen, Transzendenz kategorisch ablehnt, sich dann aber wundert, dass alle Erfahrungen in dieser Welt nur kontingent sind, der kann doch nur wütend werden, weil der Mensch dann von der Evolution her eben eine Fehlkonstruktion ist. Das berühmte Wort des Augustinus kam mir abschließend noch in den Sinn: „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir“
Ich würde Hartmut Rosa gerne die Frage stellen, ob er mir zu meinen Überlegungen wenigstens ein bisschen zustimmen kann.