Dieses Jahr will ich 40 Tage anders fasten als bisher. Diese ungewöhnliche Kur empfehle ich auch anderen, egal ob sie katholisch sind oder nicht. Ich weiß aus eigener und fremder Erfahrung, das hilft, intensiver, konsequenter, menschlicher zu leben.
Ich mache nicht Werbung für ein möglichst schnelles und schmerzloses Abspecken, wie es in unserer übergewichtigen Gesellschaft Mode ist. Ich meine auch nicht einen mehrwöchigen Test, die Abhängigkeit von Alkohol, Süßigkeiten, Medienkonsum zu überprüfen. In beiden Fällen ist der Erfolg selten von Dauer. Denn ohne die Einübung eines neuen Lebensstils fordern der Körper und die Psyche bald wieder ihren Stoff zurück – und es bleibt beim Alten.
Mir geht es um ein total anderes Fasten. Liebesfasten nenne ich es. Dabei habe ich Menschen im Blick, die von allen geliebt werden wollen. Auf Kritik, auch konstruktive Kritik, reagieren sie allergisch oder aggressiv. Sie können nicht NEIN sagen, wenn sie um Hilfe, um einen Gefallen gebeten werden. Sie sind wie ein Auto ohne Bremsen. Das Endergebnis ist burnout, totale Erschöpfung. Solch selbstzerstörerische Hingabe ist nicht im Sinne Jesu: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“
Ein guter Freund, dem es so ergangen ist, berichtete mir von 30 Jahren von seiner Therapie. Unter Anleitung hatte er trainiert, jede Bitte, jeden Auftrag mit drei Fragen zu prüfen: Muss das so sein – muss das jetzt sein – muss ich das tun? Wenn eine dieser drei Erwartungen mit Nein zu beantworten ist, bin ich jetzt nicht in Pflicht genommen. Er wurde lebenslang geheilt.
Diese Therapie gilt natürlich nicht für Egoisten und Faulenzer, die das JA üben und sich fragen sollten: Wenn Hilfe nottut, warum andere, warum nicht ich?
Mit freundlicher Einladung zum Mittun (nach kritischer Würdigung).
Prof. Dr. Hanspeter Heinz
Beitragsfoto: Elisabeth Wiedemann