Unverfügbar ist alles – auch das, was man bisher für verfügbar hielt: Das alljährliche Treffen mit Freunden beim Geburtstag, der Schulalltag, spontanes Essengehen, ja sogar Besuch haben. Da klingt der Spruch fast weltfremd: Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Unverfügbar ist aber auch die Freude. Sie richtet sich nicht nach dem, was möglich ist, kümmert sich nicht um Lockdown und Ausgangsbeschränkungen. Sie folgt uns auf leisen Sohlen, wenn wir leichten Fußes gehen. Jeder Raum birgt auch Freiraum und jede Beschränkung öffnet Schranken. Türen zu neuen Erfahrungen gehen auf, wenn wir –… die Feste feiern, wie sie fallen. Wenn wir uns anrufen lassen vom Moment, ihn uns anverwandeln, ihn feiern und ihm nicht entfremdet gegenüberstehen. Meine Erfahrungen damit können vielleicht Lichtblicke sein in diesen besonderen Zeiten.
Eine Doppel-Hüft-OP im Lockdown, die Familie wochenlang nicht sehen: Das Besuchsverbot führt zu umso intensiveren Begegnungen mit Menschen in der Reha-Klinik. Café, Schwimmbad und Fitnessstudio gibt es dort – ein Luxus, auf den der Rest von Deutschland gerade verzichten muss. Draußen verpasse ich fast nichts, einen günstigeren Zeitpunkt für wochenlange Abwesenheit hätte ich nicht finden können. Die Freude am Gehen und Wandern kommt zurück. Glücksmoment Chiemseeblick von einer Alm, auf die ich bereits wandern konnte.
Dann: Heimkommen, die Tiefe des Familienlebens besonders wahrnehmen und schätzen, den Kindern wieder gute Nacht sagen… nach all den Wochen.
Harter Lockdown, als Grundschullehrerin digital unterrichten müssen: Es entsteht neue Nähe zu meinen Schülern und deren Eltern, es kommt zu besonders persönlichen Begegnungen durch tägliche Sprachnachrichten und Videos. Meine Kolleginnen und mich schweißt das digitale Unterrichten noch enger zusammen, die Freundschaft vertieft sich. Ich erwerbe digitale Kompetenz und kenne nun Tools, von deren Existenz ich bisher nichts ahnte. Für die neuen Hüften ist Homeschooling perfekt: Ich kann mir die Zeit freier einteilen, mache ausgedehnte Spaziergänge und Physiotherapie, kann mich noch schonen.
Zurückkehren in die Schule bei unsicherer Lage und steigenden Infektionszahlen: Wie schön ist nach vielen Wochen der Schulschließung die persönliche Begegnung! Die Freude darüber überstrahlt ein gewisses Unbehagen über mögliche Infektionen, und auch dieses weicht: Eine CO2-Ampel, Abstand und Maskenpflicht auch für Schüler sorgen für ein akzeptables Sicherheitsgefühl. FFP2-Masken gibt es auch bunt, die können sogar gut aussehen und zur Kleidung passen. Mit meiner Chorklasse darf ich nicht singen: Wir tanzen jetzt. Das geht mit den neuen Hüften so gut wie schon seit zehn Jahren nicht. Außerdem machen wir das beim Lüften, seitdem frieren wir dabei nicht mehr. Die digitalen Tools nutze ich auch im Präsenzunterricht: Schön, dass ich die jetzt kenne! Zur Schule kann ich radeln und lasse mich täglich durchpusten.
Ja, früher (also vor Corona) war es schön. Wie schön, das wusste ich manchmal gar nicht. Aber jetzt gefällt es mir auch. Vielleicht ist es ja so, dass wir sogar mehr Freude erleben können, weil unsere Weltreichweite begrenzt wird. Weil wir uns neu orientieren müssen, mehr auf das Hier und Jetzt zurückgeworfen sind. Warum anrennen gegen Umstände, die aktuell gegeben sind. Das heißt für mich nicht: Immer brav mitmachen. Beim Klimaschutz möchte ich Dinge in Bewegung bringen. Aber ich möchte die Welt nicht als Aggressionspunkt sehen. Lieber möchte ich das Richtungsweisende, die besonderen Möglichkeiten suchen und neue Felder erkunden… die sind weit und schön. Die Freude folgt uns auf dem Fuße und manche Stunde, mancher Tag wird zum Fest. Darum: Lasst uns die Feste feiern, wie sie fallen!
Elisabeth Havelka
Grundschullehrerin
Ensemble Philomele vocalils
Email:
Sehr positiver Text, Elisabeth, schön zu lesen. Ein interessanter Blickwinkel auf die aktuelle Situation.