Schmetterling vermisst

Schmetterling vermisst

Schmetterling vermisst 1024 682 Martin Knöferl

Ich bin erschrocken, anscheinend ist es mir erst gar nicht aufgefallen.

Letzte Woche habe ich einen kleinen Fuchs gesehen.

Nein, keinen kleinen Fuchs.

sondern einen Schmetterling, der diesen Namen trägt.

Erst als ich ihn gesehen habe, ist mir aufgefallen,

dass sich schon lange keinen mehr gesehen habe.

Und auch kein Tagpfauenauge, keinen Admiral,

einen Schwalbenschwanz, habe ich ewig nicht mehr gesehen….

Wie traurig.

Und kaum beschäftigt mich das Thema Schmetterling,

sehe ich einen Beitrag bei Capriccio,

erstaunt mich das griechische Wort,

denke ich an einen Impuls von Erzabt Wolfgang….

 

Das altgriechische Wort für Schmetterling war ψυχή psuchḗ oder psyche, deutsch ‚Hauch, Atem, Seele‘,

da die Tiere als Verkörperung der menschlichen Seele angesehen wurden.

Dieser Ausdruck wurde vor allem für Nachtfalter verwendet und findet sich für Tagfalter erst in hellenistischer Zeit.

 

Vom Schmetterling

 

Da sagt eine Raupe zur anderen: „Du, ich hab gehört, dass wir später einmal sogar fliegen können.“

„Ach Unsinn“, entgegnet die andere, „so ein Quatsch.

Du kannst höchstens hier vom Blatt runterfliegen und danach brummt dir der Schädel.

Unser Leben besteht aus Fressen, Kriechen, Fressen und wieder Kriechen.“

Ja, aber meinst du nicht, dass es vielleicht mehr gibt als nur das?«, fragt die erste.

»Reine Fantasie«, beharrt ahnungslos die andere, »alles nur Einbildung und leeres Geschwätz.

Hast du schon mal eine fliegende Raupe gesehen? Wir fressen und kriechen und irgendwann sterben wir.

Und dann ist alles vorbei.«

Wenn die beiden wüssten, dass sie einmal schöne, bunte, fröhliche Schmetterlinge sein werden!

Aber natürlich, solange sie sich nur in ihrer Raupenwelt bewegen, machen sich viele keine Vorstellung davon, wie es ist zu fliegen.

Solange wir Menschen uns in der Raupenwelt bewegen, mag manchen die Rede von der Auferstehung unsinnig erscheinen.

So lange gilt: kriechen, fressen, kriechen, fressen.

Oder anders gesagt: seine Aufgaben erledigen, arbeiten, sich durchwursteln, ein bisschen Spaß haben, älter werden, sterben.

Und das war’s.

In einer philosophischen Betrachtung, die Heinrich Böll zugeschrieben wird, heißt es:

»Wenn die Raupen wüssten, was einmal sein wird, wenn sie erst Schmetterlinge sind, sie würden ganz anders leben:

froher, zuversichtlicher und hoffnungsvoller.

Der Schmetterling ist das Symbol der Verwandlung, Sinnbild der Auferstehung.

Das Leben endet nicht, es wird verändert.

Der Schmetterling erinnert uns daran, dass wir auf dieser Welt nicht ganz zu Hause sind.«

 

Auszüge des Beitrages “Die Geschichte von den Raupen“ 4.April 2021

„Haltestellen für die Seele“ von Wolfgang Öxler, Erzabt Kloster St. Ottilien (Texte)

von Andrea Göppel (Fotos), erschienen im Herder Verlag.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

 

Gestern ist im Wald ein Admiral an mir vorbeigeflogen…

 

Foto: Andrea Göppel

    Diese Webseite setzt sog. Cookies, hauptsächlich von Diensten Dritter. Lesen Sie dazu unsere Datenschutzerklärung. Mit dem Weiternutzen dieser Webseiten stimmen Sie dem Setzen dieser Cookies zu. Oder justieren Sie direkt hier:
    Click to enable/disable Google Fonts.
    Click to enable/disable Google Maps.
    Click to enable/disable video embeds.
    Datenschutz