Ich arbeite mit meinem Wölbungshobel eine Geigendecke aus.
Wenn als perfekt sein muss, entsteht am Ende kein guter Klang.
Ich muss Störstellen zulassen und an einigen Bereichen vermeintliche Fehler provozieren.
Das hilft der Schönheit, der Ambivalenz, den Klangfarben.
Ich muss achtgeben, was entsteht, denn nicht das Überkonstruierte, sondern das Unerwartete formt den guten Klang.
Ich darf es nicht als Bedrohung erleben, sondern muss bereit sein,
meine Absichten stören zu lassen, sonst kann nichts Geniales entstehen.
Es bedeutet einzuwilligen und einzusehen, dass in allem eine bessere Weisheit wirksam werden kann,
die uns lehren und die auch stören darf.
Das bedeutet sich führen zu lassen.
Eine gute Geige entsteht nicht durch Wissen, sondern durch Vertrauen.
Sie entsteht in der Stille des Willens, wo ausreichend Raum ist, dass Dinge auch schiefgehen dürfen.
Es bedeutet, in der Weisheit eines größeren Willens zu ruhen, durchzuatmen – und zu wagen,
dass es auf eine andere Art gut werden darf, als ich dachte.
Am sichersten bin ich darum in der Unsicherheit,
denn da kann ich jener besseren Weisheit nicht ständig dazwischen pfuschen.
Martin Schleske, Werkzeuge, S. 25