Tage der Barockmusik in Schrobenhausen. Ein Festival mit renommierten internationalen Künstlern und Ensembles.
Anfang September, ein herrlicher Sommerabend, Festkonzert, ein Hamburger Barockensemble ist zu Gast, der Saal ausverkauft, die Gäste, teils von weither.
Viele vertraut mit dem Konzertgeschehen, die Instrumente werden vor Konzertbeginn gestimmt, die Musiker betreten den Saal, Applaus, wieder wird kurz gestimmt. Ein tolles Programm, mit Pause anschließend warten Getränke und Häppchen- was für ein Abend.
Herrliche Musik, begnadete Musiker, ich bin ganz fasziniert, doch dann nach einem Stück weit vor der Pause, der Applaus verklingt, da richtet der Konzertmeister sein Wort an das Publikum. „Sehr verehrtes Publikum, ich möchte sie gern um eine kurze Zeit bitten. Wie sie wissen, handelt es sich um Originalinstrumente, die mit Darmseiten bespannt sind. Sie sind sehr empfindlich und haben sich verstimmt, das liegt an der Wärme im Saal. „Eigentlich liegt es daran, dass sie atmen!“ ruft eine Stimme aus dem Orchester.
Das Publikum lacht! „Ja“, sagt der Konzertmeister, die Luftfeuchtigkeit verändert sich und das wirkt auf die Instrumente. – Stimmen – Konzentration – das nächste Stück klingt an.
Ich bin nachdenklich geworden. Wenn schon ein Instrument so empfindlich auf Veränderung der Temperatur und Luftfeuchtigkeit reagiert?! Was ist dann erst mit uns Menschen, wenn sich die Atmosphäre um uns ändert?!
Ich denke an andere Erfahrungen mit Jakob D. Rattinger, dem Intendanten dieser Veranstaltung. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass er es war, der in den Saal gerufen hatte. Ich bin mit ihm befreundet, einige Male hat er schon im Forum11 gespielt. Er kommt mindestens eine Stunde früher, das Instrument muss sich akklimatisieren! Und dann stimmt er, spielt und stimmt wieder zwischen einzelnen Stücken. Ich denke oft, wer diesen feinen Unterschied hört?! Ich wohl kaum.
Aber das ändert nichts daran, dass er und andere gute Musiker nicht mit verstimmten Instrumenten spielen. Sie hören es! und sie sind es sich, ihrem Instrument, der Musik und dem Publikum schuldig, mit richtig gestimmten Instrumenten zu spielen. Sie haben die Erfahrung, dass es geradezu weh tun kann, wenn etwas falsch klingt.
„Gestimmt“ – „stimmen“, das sind Wörter, die wir auch im alltäglichen Leben verwenden. „Ja das stimmt!“ sagen wir!“ oder „Da stimmt doch was nicht!“ Irgendwie haben wir tief in uns schon ein Gespür für das, was stimmt. Und doch müssen wir wohl aufpassen, dass dieses Gespür nicht abstumpft.
Stimmen, was ist mit uns Menschen, was ist bei mir, wenn bei mir etwas nicht stimmt?! Vielleicht bemerke ich es ja gar nicht?! Bin ich dabei abzustumpfen, dumpf zu werden? Oder denke ich, die anderen, die merken das schon nicht! Wenn doch?! Dann spiele ich einfach schneller und lauter?!
Stimmen!
Dieser Beitrag ist ganz wunderbar!