Bei einer Tagung mit Kolleginnen und Kollegen findet gleichzeitig eine Veranstaltung der Polizeiseelsorge statt.
Im Speisesaal gibt es einiges hin und her und eine Polizeibeamtin landet an meinem Tisch.
Wir kommen ins Gespräch. Sie arbeitet im Bereich Gewaltprävention bei Mädchen und Frauen.
Ich, schlau wie ich bin, bringe mich gleich ins Gespräch ein,
vermute, dass sie Schulungen in Selbstverteidigung anbietet und durchführt.
Genau das haben sie und ihre Kollegen/innen getan und dabei wahrnehmen müssen,
dass das keine Auswirkung hat. Betroffenheit und Ratlosigkeit am Tisch.
Ja, was sie dann jetzt tut?!
Sie übt mit den Mädchen und Frauen, Gespür für sich zu entwickeln,
zu entdecken, was ihnen Freude macht, was ihnen gelingt,
herauszufinden, was sie möchten und was ihnen guttut.
Die Ergebnisse sind erstaunlich, und eigentlich gar nicht erstaunlich.
Die Mädchen haben über die Wahrnehmung Selbstbewusstsein entwickelt,
ihren Selbstwert bestärkt und Selbstvertrauen ausgebildet.
„Ich kann nur schützen, was ich schätze“ sei der Grundsatz ihrer Arbeit.
„Erst wenn ich mich schätze, macht es Sinn, mich zu schützen“
Ja und dann kann manchmal auch ein Selbstverteidigungskurs Sinn machen, meist ist das jedoch eher unnötig.
Da macht es wohl Sinn einen Augenblick innezuhalten.
Ich kann nur schützen, was ich schätze….
Wenn ich etwas schätze, dann ist das ja wohl ein Schatz.
Ich erlebe, wie oft von Wertschätzung gesprochen wird,
eine Worthülse, wenn das, was darin steckt, nicht Bedeutung gewinnt.
Wertschätzung, wie soll es denn zu einer Wert Schätzung kommen, wenn ich nicht auswerte?!
Wie geht es Dir?! – Es läuft gut.
Wenn es aber scheinbar gut läuft, dann kommt eins nach dem anderen und es läuft immer weiter,
dann ist eins wie das andere – wo bleibt der Wert des einzelnen.
Wenn dem einzelnen Wertvollen gar keine Würdigung, kein Wert zugestanden wird,
dann wird es wohl gar nicht mehr so lange gut laufen, denn dann ist ja alles gleichgültig,
und wenn es erst einmal gleichgültig ist, wird es bald auch sinnlos sein.
Immer wieder komme ich in meinen Gesprächen mit Menschen in Berührung, die meist aus Zeitgründen,
aufgehört haben, auszuwerten, dem einen Wert zu geben, was ihnen Freude macht und gelingt.
Wenn sie diesen Wert vernachlässigen, dann können sie sich innerlich nicht anreichern,
sie verarmen, sie sind in der Gefahr zu verkommen.
Ich freue mich, dass ich im Grunde oft das gleiche erlebe, wie die Polizeibeamtin.
Ich darf Menschen begegnen, die achtsam werden, die Gespür für sich entwickeln, die sich ihrer Berufung erinnern,
die ihr Gelingen schätzen und dadurch innerlich reicher werden und damit wirksam werden können.
Schützen, was ich schätze, eine wundervolle Aufgabe.
Martin Knöferl