„Ich hatte ziemlich umständlich hergeleitet, weshalb es nicht so vorteilhaft ist,
als Objekt behandelt zu werden
oder andere zu Objekten unserer Maßnahmen oder Bewertungen zu machen.
Als Krönung dieser Herleitung konfrontierte ich die Zuhörer mit der Bemerkung,
dass wir alle uns jeden Tag nicht nur würdelos verhalten,
sondern es auch gar nicht mehr bemerken,
wie sehr wir in unserem Zusammenleben unsere Würde verletzen.
Nie zuvor hatte ich ein solch betretenes Schweigen erlebt.
Es schien so, als wagte kaum noch jemand zu atmen.
Bis dann in den hinteren Reihen jemand zu applaudieren begann.
Daraufhin entlud sich ein Sturm von Applaus, wie ich ihn ebenfalls noch nie erlebt hatte.
———
Dieses Erlebnis hat mich darin bestärkt,
daran zu glauben, dass es viel mehr Menschen gibt,
die sich ihrer Würde bewusst sind –
auch wenn sie ziemlich tapfer versuchen,
das vor sich selbst zu verbergen.“
Gerald Hüther „Würde“ S. 183
Martin Knöferl